Seit mittlerweile über einem Jahr gilt das Telekommunikationsmodernisierungsgesetz. Welche Auswirkungen haben die Neuregelungen in der Praxis? Eine der wichtigsten Vorgaben ist der Wegfall der Umlagefähigkeit von Kabelentgelten: Vom 30. Juni 2024 an ist es nicht mehr möglich, die bisher über einen sogenannten Sammelvertrag abgerechneten Kabel-TV-Entgelte über die Betriebskosten abzurechnen. Der bisherige § 2 Nr. 15 a, b der Betriebskostenverordnung wurde ersatzlos gestrichen!
Wir müssen aber berücksichtigen, dass wir Hausgeld und keine Betriebskosten abrechnen. Der Sammelvertrag ließe sich damit eigentlich fortführen, wenn nicht einzelne Eigentümer einer GdWE gegenüber ihren Mietern die Kabel-TV-Entgelte wiederum als Betriebskosten abrechnen. Möglich wäre dies dann nur über eine Erhöhung der Kaltmiete um das entsprechende Entgelt oder eine privatrechtliche Vereinbarung zwischen Eigentümer und Mieter über die entgeltpflichtige Bereitstellung von Kabel-TV. Neben dem damit einhergehenden Aufwand ermöglicht dieses Vorgehen aber ein sogenanntes „Opt-out-Recht“ (§ 71, Abs. 2 TKG-E in Verbindung mit § 56, Abs. 3 TKG-E) für den Mieter, da nach 24 Monaten Mietdauer – gemeint ist die Wohnungsmietdauer und nicht die Laufzeit des Kabelvertrags – eine monatliche Kündigung des Kabelvertrags gegenüber dem Eigentümer möglich wäre.
Offen ist hier, wer das Risiko der Entgeltfortzahlung des weitergeführten Sammelvertrags trägt, wenn einzelne Mieter kündigen und der Eigentümer weiterhin das Entgelt zahlen muss. Die Empfehlung daher: der zeitnahe Abschluss eines neuen Gestattungsvertrags mit einem Anbieter, der bereit ist, ein Einzelinkasso mit jedem Eigentümer/Mieter über das Kabel-TV abzuschließen und abzurechnen. In der Regel sind auch alle Anbieter bereit, neue Vertragsangebote zu unterbreiten, ohne dass wir eine Sonderkündigung aussprechen müssen.
Zur Risikominimierung für uns hat der Gesetzgeber ein Sonderkündigungsrecht für solche Bezugsverträge fixiert (§ 230, Abs. 5 TKG-E). Das heißt, wenn ein Gestattungsvertrag, eine Versorgungsvereinbarung oder ein Signalliefervertrag im Sammelvertrag über den 30. Juni 2024 hinaus besteht, keine anderweitigen Regelungen für einen Wechsel zum Einzelinkasso getroffen wurden und über die Betriebskosten abgerechnet wird, dann gilt das Sonderkündigungsrecht ohne weitere Schadensersatzansprüche. Verständlich, dass die Kabel-TV-Anbieter über diese Regelung nicht begeistert sind.
Ist eine solche Sonderkündigung aber wirklich empfehlenswert? Grundsätzlich sollte man erst einmal den vorhandenen Versorgungsvertrag wie folgt prüfen, bevor man eine Sonderkündigung erwägt:
- Gibt es eine Regelung, die den Übergang von Sammelinkasso zu Einzelinkasso beschreibt oder zumindest separate Verhandlungen über dieses Thema vorgibt? Dann wäre eine Sonderkündigung aller Wahrscheinlichkeit nach nicht möglich.
- Rechnet der Eigentümer gegenüber seinen Mietern die Entgelte als Betriebskosten ab? Das wäre ein eindeutiges Kriterium, dass eine Sonderkündigung möglich ist. Bei Wohnungseigentümern ist aber entscheidend, wie hoch die Anzahl der eigengenutzten gegenüber den vermieteten Wohnungen ist und wer bereit wäre, die Kosten bei einer Kündigung durch einzelne Mieter zu tragen.
- Die wichtigste Frage, bevor eine Sonderkündigung ausgesprochen wird: Wem gehört das Hausnetz, die sogenannte Netzebene 4, und damit einhergehend die Frage: Wie soll vom 1. Juli 2024 an eine Versorgung gewährleistet werden?
Bisher wurde die Abrechnung der Kabel-TV-Entgelte über die Betriebskosten als Hemmnis für eine schnellere Entwicklung des Glasfaserausbaus gesehen. Das soll sich vom 1. Juli 2024 an ändern. Dann sollen nur noch individuelle Verträge zwischen Anbieter und Kunde im sogenannten Einzelinkasso für die TV-Angebote abgeschlossen werden. Die in der Regel damit einhergehenden Vertragsverhandlungen bieten zudem die Möglichkeit, über einen Glasfaserausbau des jeweiligen Objekts nachzudenken.
Mit einer Duldungspflicht hat der Gesetzgeber bereits die Voraussetzung geschaffen, dass Anbieter von Netzen mit sehr hoher Kapazität einen Hausanschluss gemäß § 134 TKG-E vornehmen können, wobei die erforderliche Technikneutralität des Gesetzgebers das Wort Glasfaser vermeidet und mit der Umschreibung „Netze mit sehr hoher Kapazität“ auch andere technische Lösungen möglich wären. Trotzdem steht selbstredend der Glasfaser-Gebäudeanschluss im Vordergrund. Auch der Duldungsanspruch auf die Querung von Grundstücken mit Telekommunikationslinien, die der Drittversorgung dienen, wurde nochmals gesetzlich fixiert.
Aufgrund der gesetzlichen Vorgaben sollten wir auf jeden Fall diesen Gebäudezugang ermöglichen, vor allem wenn ein Netzbetreiber diese Leistung kostenlos erbringen möchte. Wichtig ist, darauf zu achten, nicht gleichzeitig eine Freigabe für eine Hausinstallation (Netzebene 4) bis in die Wohnungen zu erteilen. In diesem Fall sollte die Eigentümerversammlung entscheiden, wer künftig das Hausnetz errichtet und betreiben soll.
Die mit der Novelle des Telekommunikationsgesetzes einhergehende Idee, den Glasfaserausbau zu beschleunigen, scheint zu funktionieren. Viele Netzbetreiber forcieren aktuell das Modell einer Inhouse-Verkabelung mit Glasfaser zu eigenen Lasten. Der Anbieter erlangt dadurch zwar ein dauerhaftes Nutzungsrecht als Errichter der Infrastruktur, aber die Eigentümergemeinschaft dürfte damit in Sachen Medienversorgung für die Zukunft vorgesorgt haben. Fest steht: Solange niemand Albert Einstein widerlegt – nichts ist schneller als das Licht –, sind Glasfasernetze mit optischer Übertragung das Beste, um schnelle und hohe Bandbreiten zu erzielen.